Der zweite Teil unseres Beitrags geht auf die Frage ein, welche Herausforderungen bei der Implementierung eines Wikis zu lösen sind und auf welche Ansätze wir dafür zurückgegriffen haben.
Wie im ersten Teil aufgezeigt, ist ein Wiki – wie der Name vermuten lässt – eine Art organisationsinternes Wikipedia. Also eine Lösung zur Wissensspeicherung, welche dezentral und flexibel von der Allgemeinheit genutzt und weiterentwickelt werden kann. Aus diesen Eigenschaften ergeben sich, unserer Meinung nach, zwei besondere Herausforderungen.
Herausforderung 1: Der Konflikt zwischen Flexibilität und Struktur.
Wir sehen das Wiki als den Ort des Wissens, welches sich schwer direkt in Prozesse, Dokumentationen oder Arbeitsanweisungen überführen lässt.
Die großen Freiheitsgrade stehen jedoch in einem Zielkonflikt. So verhält sich die hohe Flexibilität und die dezentrale Erstellung von Inhalten konträr zu einer guten und einheitlichen Übersicht zu den Themen und Informationen im Wiki. Jedoch soll das Wiki den Nutzer:innen ermöglichen, sich eigenständig Wissen anzueignen und Problemstellungen selbstständig zu lösen. Hier ist gewissermaßen ein Trade-Off zwischen Flexibilität und vorgegebenen Strukturen notwendig.
Orientierungsrahmen kann hier die vorhandene Organisationsstruktur sein, ergänzt um Punkte, die allgemein die Organisation betreffen oder von Interesse sind. Mit ausgewählten Funktionalitäten kann hier sicherlich eine gute Lösung des Trade-Offs erreicht werden.
Welche Möglichkeiten bieten sich an?
In unserem Fall haben wir auf die Begrenzung von Zugriffs- und Bearbeitungsrechten verzichtet. Somit ist jedes Mitglied nicht nur in der Lage, eigene Beiträge in allen Bereichen beizusteuern, sondern auch bestehende Beiträge zu kommentieren oder zu überarbeiten. Unser internes Qualitätsmanagement übernimmt somit nur die Rolle der Moderation. Unterstützt wird es dabei von einer Versionsverfolgung, welche verhindert, dass eine fehlerhafte Überarbeitung den ursprünglichen Beitrag unwiederbringlich ersetzt.
Anders als es von Wikipedia bekannt ist, erfolgt die Suche nach Beiträgen bei uns stärker über eine festgelegte Taxonomie, die die Beiträge zuordnet. Jedoch haben wir diese um eine Text-Suchfunktion ergänzt und haben die Möglichkeit, sogenannte Tags zu erstellen und zu verteilen. Die Nutzer:innen können über diese Tags eigene Schlagwörter für Beiträge zu ergänzen. So kann eine strenge Zuordnung durch die Taxonomie aufgeweicht werden und schafft mehr Flexibilität.
Herausforderung 2: Das Wiki als selbstverständlicher Teil der Organisationskultur.
Die zweite Herausforderung ist die organisationskulturelle Frage. Ein Wiki bietet nur Vorteile, wenn es aktiv durch die Mitarbeitenden verstanden und gelebt wird. Insbesondere zu Anfang muss der Stellenwert eines Wikis klar vermittelt werden.
Zu Beginn ist der Nutzen überschaubar. Erst mit einer steigenden Menge an Artikeln wird das Wiki für die Nutzer:innen wirklich relevant. Daher sollte das Erstellen von Einträgen in der Anfangsphase aktiv gefördert werden.
Welche Möglichkeiten bieten sich an?
Die demokratische Struktur des Wikis bietet hier die Chance, das Erstellen erster Beiträge breit auf viele Nutzer:innen aufzuteilen, um so persönliche Hürden abzubauen und eine Gewöhnung an das Wiki zu erzeugen. Der positive Nebeneffekt ist eine erste Menge an Inhalten, die die Basis für das Wiki bilden. Interne Promotoren können diesen Auftakt begleiten und gemeinsam mit den einzelnen Teams oder Abteilungen überlegen, welche Inhalte für das Wiki relevant sind. Im weiteren Verlauf können Gamification-Ansätze für weitere Attraktivität sorgen. Daneben haben wir beispielsweise auch „active-fremde“ Artikel, wie Hidden Spots in Bremen, Happy-Hour-Touren oder Bücherempfehlungen aufgenommen.
Wir sehen das gemeinsame, übergreifende Arbeiten auch als eine Chance zur Stärkung des Gemeinschaftsgefühls. Mitarbeitende können wortwörtlich einen sichtbaren Beitrag für alle in der Organisation leisten. Wir haben dafür bei uns eine Like-Funktion anderer Beiträge und eine Kommentarfunktion mit integriert. So können wir schnell virtuelle Wertschätzung aussprechen.
Ein schönes Beispiel, welches Mindset wir mit dem Wiki erreichen möchten, zeigt ein Projekttreffen vor einigen Tagen. So erklärte ein Mitglied die richtige Einbindung eines Software-Tools. Da diese Frage auch andere Teams in der Organisation betreffen kann, wurde festgelegt, die Erläuterung im Anschluss als einen Beitrag in das Wiki abzulegen und somit allen zur Verfügung zu stellen. Als studentischer Verein mit wenig ausgeprägten Hierarchien haben wir bei dem kulturellen Aspekt sicher Vorteile. Dennoch ist auch für uns die Etablierung eines aktiven Umgangs mit dem Wiki sicherlich noch nicht abgeschlossen.
Unser bisheriges Fazit zur Einführung eines Wikis.
Das Wiki ersetzt keine der bisherigen Wissensmanagement-Ansätze. Jedoch kann es, Akzeptanz der Mitarbeitenden vorausgesetzt, viele wertvolle Informationen erfassen, die die Nutzer:innen für eine eigenständige Lösung ihrer Fragestellung befähigt. Daneben bietet es als übergreifende, demokratische Plattform die Chance, die Gemeinschaft einer Organisation zu stärken. Die weitere Implementierung unseres Wikis ist zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgeschlossen. Jedoch betrachten wir es als eine wertvolle Ergänzung für unsere Organisation und sind gespannt, wie sich der Prozess weiter entwickelt.